Alien 3 (Elliot Goldenthal) - Filmmusik-Betrachtung



Trailer zu Alien 3


Adagio from Alien 3



Wenn die Streicher einsetzen, wie in eben diesem "Adagio", in all ihrer Größe, und sie sich dann vermischen mit den Blechbläsern, wer möchte da nicht gern einmal Dirigent sein? Nur einmal da stehen und entscheiden, wann wer einzusetzen hat. Dieses Stück nach seinen eigenen Vorstellungen spielen zu lassen...


Nun, auf der Wii kann man inzwischen schon Dirigent sein. Wenn auch nicht in der besten musikalischen Qualität. Und es darf bezweifelt werden, dass der Alien 3-Soundtrack für diese Plattform auch nur in entferntester Zukunft umgesetzt würde. Alien 3 ist wahrscheinlich einer der am kontroversest diskutierten Soundtracks der Filmmusik-Geschichte. Für die einen ein Meisterwerk für die anderen potenzieller Auslöser von Ohrenkrebs, wobei den Anstoß sicher nicht das hier zu hörende "Adagio" bietet. Es gibt auf diesem Soundtrack genügend andere Stücke, über die man diskutieren kann.

Die Unterschiedlichkeit, mit der dieses Werk aufgenommen wurde, spiegelt sich zum Beispiel in den Bewertungen auf der Seite Filmtracks.com wider. Es gibt eine Menge Leute, denen der Soundtrack fünf Sterne wert war. Die zweithäufigste Wahl war dann zwei Sterne, an dritter Stelle findet sich ein Stern. Wie gesagt: Meisterwerk oder Ohrenkrebs. Es gibt nicht viel dazwischen. Es soll hier nicht entschieden werden, welche der beiden Meinungen eher ihre Berechtigung hat. Dieses Review soll so objektiv wie möglich an diesen Soundtrack herangehen.

Fangen wir mit dem letzten Stück, dem "Adagio", an. Wie bereits erwähnt, wird dieses auch von Skeptikern dieses Soundtracks als zumindest akzeptabel bewertet. Ähnliches dürfte für das "Lento" gelten. Von da an wird es schon schwierig, denn jedes weitere Stück nennt irgendwelche ziemlich abgefahrene, schräge Klangexperimente sein Eigen. Während Stücke wie "Explosion and Aftermath" vielleicht noch für die Mehrzahl der Filmmusikliebhaber verständlich sind, dürfte das Verständnis der Meisten bei "Bait and Chase" erschöpft sein. Da gibt es nur Tremolo-Streicher, ohne jeden melodischen Bezug, scheinbar ohne jeglichen Zusammenhang aneinandergereiht. Dazu gesellen sich passenderweise absolut unpassende Bläser aller Art, die auch spielen zu scheinen, worauf sie gerade Lust haben. Im Jazzbereich würde man zur Beschreibung dieses Umstandes das Präfix "Free-" verwenden. Was soll Alien 3 nun also sein? Was hat sich dieser Goldenthal dabei gedacht?

Goldenthal selbst bezeichnete die Musik im Nachhinein als Experiment. Und als dieses ist es wahrscheinlich auch zu verstehen. Wikipedia schreibt über diesen Soundtrack:  "Für Alien 3 (1992) erstellte er in der Kompositionsphase digital Klangtexturen, die dann später bei der Aufnahme vom Sinfonieorchester imitiert wurden. Des Weiteren verwendete Goldenthal bei diesem Werk Scheren und gespanntes Klavierseil als Klanggeber." Was soll man da noch hinzufügen. Digitale Klangtexturen von einem Orchester nachspielen lassen. Und das bei einem Horrorfilm. Was soll da anderes rauskommen, als Hörner, die spielen, als wären sie unter die Räder gekommen. Und dann noch Scheren - also bitte. Es ist auch die Frage, ob man bei den Scoring Sessions Musiker gewesen sein will.

Bleibt nur noch eine Frage zu klären: Warum sollte man aber trotz all dieser Fakten vielleicht doch einmal in diesen abgefreakten Soundtrack hineingehört haben? Nun ja, man könnte sagen, weil er eben so abgefreakt ist. Das wäre die wahrscheinlich sinnvollste Erklärung. Vor allem, wenn es einen interessiert, welche Klänge aus klassischen Instrumenten zu holen sind, dann kann man sich schon einmal mit diesem Werk auseinandersetzen. Vielleicht sollte man es nicht nebenbei zum ersten Candlelight-Dinner mit dem erhofften Partner oder der angebeteten Traumfrau spielen lassen, aber wenn man sich mal hinsetzt und einfach nur die Musik hört, also genau hinhört, dann kann vielleicht doch ein Staunen durch das Bewusstsein fließen.

Und vielleicht sollte als Letztes noch erwähnt werden, dass es sich hierbei eben um Filmmusik handelt. Und als solche funktioniert sie unglaublich gut. Zum Abschluss noch ein Zitat aus Wikipedia: „Ein kompromisslos intellektuelles Werk, das sich mit chirurgischer Genauigkeit zwischen traditioneller Orchesterschönheit und modernistischer Dissonanz bewegt […]“

So richtig weiß man auch hier nicht, ob das nun Kompliment oder gut versteckte Aversionen darstellen soll.


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1 Kommentar:

  1. The film itself is also hard to "pin down." Is it terrible or brilliant? Some days I feel one way, others another. Thanks for the analysis of the music!

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