Troja (James Horner) - Filmmusik-Betrachtung


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Trailer zu Troja




Troja (engl.: Troy) ist ein Film aus dem Jahre 2004 von Wolfgang Petersen, mit Brad Pitt, Orlando Bloom und Eric Bana in den Hauptrollen. In der Kinofassung betrug seine Länge 162 Minuten. Allerdings gibt es daneben noch einen Director's Cut von 196 Minuten Dauer. Man kann also schon von einer Oper sprechen.
Für die Filmmusik wurde ursprünglich Gabriel Yared verpflichtet. Dieser komponierte einen kompletten Score, um dann zurückgewiesen zu werden. Offiziell ist der Ursprungs-Soundtrack nicht verfügbar, allerdings lässt sich über Umwege der ein oder andere Track im Netz finden; teilweise auch das gesamte Album. Die offizielle Filmmusik stammt nun von James Horner, der sich nicht zu schade war, kurzfristig einzuspringen. In sehr knapp bemessener Zeit komponierte er eine beachtliche Menge an Musik, die sicher nicht das Beste ist, was je aus seiner Feder geflossen kam, sich aber wohl sehen lassen kann. Im Großen und Ganzen jedoch wird von den Leuten, die beide Soundtracks kennen, Yareds Errungenschaft wesentlich höher geschätzt. Trotzdem soll hier nur auf Horners Musik eingegangen werden, da auch nur diese in wirklich engem Zusammenhang mit dem Film zu bewerten ist.


Horner entwirft Themen für Achilles, Troja, Krieg und Frieden


Thematisch gesehen ist die Musik relativ reich. Es gibt ein heroisches Blechbläser-Thema für Achilles (,welches aber dennoch recht viele Moll-Akkorde enthält), ein triumphales, fanfarenartiges Thema für die Stadt Troja und ein ruhiges für die Liebe zwischen Achilles und Briseis. Letzteres kann man auch, über die Liebe zwischen den beiden hinaus, als Thema des Friedens im Allgemeinen sehen, da Briseis die ist, die Achilles am Ende inneren Frieden gibt. Im Gegensatz dazu steht das Kriegsmotiv, welches hauptsächlich chromatische Intervalle enthält. Außerdem gibt es noch ein Motiv, welches weniger durch seine Intervalle oder Harmonik, als durch seine klangliche Beschaffenheit hervorsticht. Es handelt sich um einen Frauenchor, der wohl original aufgenommen wurde, allerdings recht nah am Klang eines Synthesizers liegt. Der Klang hat etwas von einem melodischen Schrei, welcher in seiner Art, nach meinem Empfinden, ziemlich gut in die griechische Antike passt. Am ehesten könnte man ihn inhaltlich mit dem Thema Geschichte und Schicksal verbinden. Zu hören ist er auf dem Album am Anfang des ersten Tracks ("3200 years ago"). Dazu kommen noch einige Untermotive.


Ein Horner kommt selten allein - von Raum- und untergehenden Schiffen


Wenn man, und das kann man bei Horner ja gut machen, Vergleiche zu alten Werken ziehen will, so muss man wohl am ehesten Star Trek nennen. Das chromatische Kriegsmotiv nimmt sehr starke Anleihen an diesem Score. Dazu kommen Szenen, die an The Spitfire Grill oder Titanic denken lassen.
Erwähnt werden soll an dieser Stelle auch noch, dass Horner extrem eindeutig Anleihen an Klassikern der Romantik nimmt. Dazu gehören unter Anderem das "War Requiem" von Britten für das Troja-Thema und Rachmaninovs erste Sinfonie für das Kriegsthema. Die Liste ließe sich erweitern. Inwiefern man das gut findet, bleibt jedem selbst überlassen. Wenn man der Meinung ist, eine Original-Filmmusik sollte doch zum größten Teil eigens dafür komponierte Melodien und Motive enthalten, der dürfte an Troja wenig Freude haben. Insbesondere der Einbezug von Brittens Werk kann kritisch betrachtet werden, da es sich dabei um ein höchst pazifistisches Werk handelt, welches hier für einen doch recht blutigen Film genutzt wurde.


Agamemnon und Hector im Zwiegespräch


Im Folgenden soll noch eine spezielle Szene aus dem Film betrachtet werden. Betrachtet wird hier die Kinofassung. Ungefähr bei der Hälfte des Films kommt es zur ersten großen Schlacht zwischen den Griechen und Troja. In einer langen Sequenz marschieren die Griechen auf die Stadt zu. Die Musik steigert sich in ihrer Bedrohung dabei immer weiter, bis die Angreifer stehen bleiben. In diesem Moment bricht die Musik ab und es bleibt ein metallenes Nachhallen, als sich die Kontrahenten gegenüberstehen. In diese Stille hinein webt sich ein kurzes Zweiton-Hornmotiv á la Baveheart oder Titanic, dazu spielen hohe, synthetische Streicher, die ebenfalls sehr nach untergehendem Schiff klingen. Unter diesen Klängen reiten dann trojanische (Hector und Paris) und griechische (Agamemnon, dessen Bruder Menelaos, Odysseus u.a.) Unterhändler zur Mitte des Schlachtfeldes. Als diese zu sprechen beginnen, hört man im Hintergrund unbestimmte Streicher, Frauenstimmen und Trommeln. Etwas vordergründiger wird sie, als Menelaos droht Paris zu töten, da dieser ja seine Frau Helena heimlich mit nach Troja genommen hatte. Agamemnon fordert die Herrschaft über Troja, die Hector mit den Worten "Ich soll deine Armee erblicken und erzittern? Ich sehe sie; ich sehe 50000 Mann, die für die Habgier eines Einzelnen in die Schlacht ziehen" zurückweist. Als er den zweiten Satz sagt, bleibt die Musik auf einer Harmonie stehen, wie als wolle sie zeigen, dass es sich hier um eine zentrale Aussage handelt. Daraufhin verschwindet der Chor, es bleiben die Bässe und Trommeln zurück, der Sounddesigner zieht die Musiklautstärke an, Agamemnon tritt näher auf die Kamera, und damit auch auf Hector, zu, und sagt: "Sei vorsichtig, Junge. Meine Barmherzigkeit kennt Grenzen." Daraufhin Hector, ebenfalls im Close up: "Ich kenne die Grenzen deiner Barmherzigkeit und ich sage dir: Kein Sohn Trojas wird sich jemals einem fremden Herrscher unterwerfen." Das erwidert Agamemnon, in nahestem Close up, mit: "Dann sind alle Söhne Trojas des Todes." Dieser Abschnitt ist sowohl soundtechnisch, als auch visuell sehr gut gemacht. Beide Bereiche arbeiten hier hervorragend zusammen, um das Ziel der Spannungserzeugung zu verwirklichen. Die Kamera geht dabei von personenentfernteren zu immer näheren Aufnahmen, was das Bewusstsein des Konfliktes immer mehr verstärkt und die Musik unterstützt sie dabei. Dass der Sounddesigner die Lautstärke in der erwähnten Einstellung derart hochzieht, ohne dass die Musik in ihrer Komposition auf einen Höhepunkt hinweist, spricht dafür, dass Horner für diese Szene seine Musik wohl, aus welchen Gründen auch immer, nicht komplett anpassen konnte. Jedenfalls ist es zu erwarten, dass er sonst von entsprechenden Mitteln Gebrauch gemacht hätte, besonders, wenn man sich ansieht, wie minutiös die Anpassung von Schnitt und Musik in diesem Film sonst gehandhabt wurde.


Paris, der tapfere Held


Es soll noch kurz bei dieser Szene verweilt werden. Paris versucht nämlich dann die Situation zu retten, indem er einen Kampf um Helena vorschlägt, da er, etwas naiv, denkt, der Krieg würde in erster Linie wegen ihr geführt. Dies wird wieder mit Spitfire-Grill-Musik unterlegt, gespielt von Horn, Holzbläsern und Streichern, die auffällig zuversichtlich daherkommt. Über diesen Vorschlag wird in griechischen Kreisen kurz debattiert. Menelaos will seine Rache, Agamemnon aber trotzdem seinen Krieg. Also einigen sich beide darauf, dass Agamemnon, egal wie das Duell ausginge, angreifen solle. Das akzeptiert dieser und unter einem tiefen Bass blendet die Musik aus, die während der Konspiration einen bedrohlichen, aber unauffälligen Charakter aufwies.
Was jetzt folgt, ist ein sehr schönes Beispiel dafür, wie wirkungsvoll es sein kann, wenn man das Orchester als Komponist einfach mal schweigen lässt. Wir sehen den Schwertkampf zwischen Menelaos und Paris. Dieser ist völlig ungleich. Paris ist komplett unterlegen. Im Grunde genommen war es die einzig richtige Wahl von Horner, hier nicht musikalisch zu untermalen. Eine dramatisch orientierte Begleitung hätte nicht funktioniert, da die Szene offensichtlich komisch wirken sollte. Eine eher lustige Untermalung hätte das Geschehen wohl gut in seiner Wirkung verstärkt, aber es gleichzeitig völlig aus dem Zusammenhang des Films gerissen. Es ist so schon gewagt, eine derartige Szene in einen Film ohne sonstigen Humor zu packen. Also unterlässt Horner jeglichen Eingriff und überlässt dem Bild und den Sounddesignern das Feld komplett. Letztere haben in dieser Szene entscheidenden Einfluss, da sie beispielsweise die Krähen in den Vordergrund holen oder auch den Atem von Paris, als er auf Menelaos zugeht, hörbar machen, was zur Komik des Kampfes beiträgt.
Die Musik setzt erst wieder ein, als Paris durch das Schwert seines Kontrahenten das Bein aufgeschlitzt bekommt.


James Horner - Meister der Effizienz


Dieser Soundtrack ist, egal ob man Horner-Fan ist oder nicht, durchaus empfehlenswert, denn es handelt sich um ein für den Komponisten recht untypisches Werk. Da wurde mitunter in Fan-Communities auch schon der Vergleich zur Remote-Control-Szene gezogen, was den Stil und Klang des Albums angeht. Vor allem wenn man bedenkt, in welch kurzer Zeit das Album entstand, muss man James Horner Respekt für seinen Beitrag zu dem Film zollen. Wie bereits erwähnt, handelt es sich sicher nicht um sein innovativstes Werk, aber dennoch kann man mit ihm seine Freude haben. Eine sehr interessante Wahl für den Director's Cut sei an dieser Stelle noch erwähnt. Anstatt der Komposition Horner's (,welche sich sehr an der ursprünglichen Version Yareds orientierte) nutzte Petersen in der Kampfszene zwischen Achilles und Hector ein Stück aus Planet der Affen von Danny Elfman, welches sehr aus dem Rest des Soundtracks herausragt. Interessanterweise stört es die Continuity nicht wirklich, scheinbar insbesondere aufgrund des Faktes, dass die Szene einer der absoluten Höhepunkte des Filmes darstellt. Der Director's Cut sei hiermit auch noch absolut empfohlen. Nicht nur, weil die Musik teilweise sehr viel anders eingesetzt und erweitert wurde, sondern auch, weil große Teile der Handlung erst durch diesen kongruent werden.


Special: Clips from the movie


In diesem Ausschnitt hört man bis ungefähr zur Mitte eine Mischung aus dem Schicksals- und dem Achilles-Thema, wobei Letzteres in sehr tiefer Lage gespielt, und auch nur vage angedeutet wird.


Und hier noch ein Clip, wo am Anfang das Kriegsmotiv zu hören ist und kurz bevor Hector den Helm abnimmt eine Mischung aus Achilles-Thema und Ersterem.




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